Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat am Dienstag (2. September 2025) dem Land Schleswig-Holstein vorläufig untersagt, die Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Oberverwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R 3) mit dem amtierenden Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts zu besetzen. Die vorausgegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts wurde dadurch geändert.
Damit hat das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren der Antragstellerin, einer Richterin am Oberverwaltungsgericht, die sich ebenfalls auf das Amt beworben hatte, Recht gegeben. Beide Bewerbenden waren in ihren Beurteilungen mit dem Gesamturteil „sehr gut geeignet“ beurteilt worden. Das Verwaltungsgericht war in seinem Beschluss vom 10. April 2025 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auswahlentscheidung des Landes Schleswig-Holstein nicht gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz) verstoße. Es sei zu berücksichtigen, dass das Gesamturteil sich auf die Anforderungen des jeweiligen Amtes beziehe und das Amt des Vizepräsidenten am Verwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R 2 mit Amtszulage) gegenüber dem der Richterin am Oberverwaltungsgericht (Besoldungsgruppe R 2) das höherwertige Statusamt sei.
Dem ist der 2. Senat im Ergebnis nicht gefolgt. Er beanstandet in diesem Fall einzelne Regelungen in der so genannten Landesverordnung über die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 9. Januar 2024 (zu finden im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Schleswig-Holstein, 2024, S. 59 ff.), die den Beurteilungen zugrunde liegt und an die die Beurteiler gebunden sind. Konkret geht es dem Senat um die Regelungen in § 4 Absatz 1 Satz 1 und in § 8 Absatz 1 Satz 1 dieser Landesverordnung. Diese Vorschriften regeln den Beurteilungszeitraum und den so genannten Beurteilungsmaßstab. Als problematisch sieht der Senat in diesem konkreten Fall an, dass die Anwendung dieser Vorschriften dazu führt, dass Leistungen, die noch im niedrigeren Statusamt erbracht worden seien, am Maßstab des höheren Statusamts zu beurteilen seien. Konkret geht es dabei um Leistungen, die der ausgewählte Bewerber erbracht hatte, bevor er im April 2024 Vizepräsident am Verwaltungsgericht geworden war, und die mitbeurteilt worden sind. Hierin sieht der Senat einen Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauslese und das so genannte Leistungsprinzip. Maßstab einer Beurteilung seien nämlich die Leistungsanforderungen, die sich aus den Anforderungen des jeweiligen Amtes ergäben. Andernfalls würde der Beurteilte entweder besser oder schlechter bewertet. Der Senat gelangt zudem zu dem Ergebnis, dass die Wahl der Antragstellerin in einem erneuten Auswahlverfahren möglich erscheine und dass sie gegenüber dem bisherigen Mitbewerber nicht chancenlos sei.
Der Beschluss (Az. 2 MB 2/25) ist unanfechtbar.
OVG Schleswig, Beschluss vom 02.09.2025 – 2 MB 2/25
Pressemitteilung des OVG Schleswig vom 02.09.2025